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Hessischer Schachverband e.V.

Wer ist Otto Bleutgen?


Otto Bleutgen

Otto Bleutgen

(geb. 21. Oktober 1903 in Mainz,
gest. 30. April 1981 in Wiesbaden)
Otto Bleutgen wurde am 21. Oktober 1903 in Mainz geboren. In den frühen 20er Jahren ist er dem Mainzer Schachverein, der 1909 gegründet wurde, beigetreten. In den 20er und 30er Jahren war er neben Karl Georg Hiegemann (1893 – 1978) und dem Senior des Vereins, Sanitätsrat Dr. Gregor Brendel (geb. 1864 – 194?) der stärkste Schachspieler des ca. 100 Mitglieder zählenden Mainzer Schachvereins.

Vom 6. bis 12. September 1923 trugen in Münster bei Bingen der Mittelrheinische, Pfälzische und Saarländische Schachbund, der Rheinisch-Westfälische Schachverband (RWSV) und der Zweckverband Kölner Schachvereine die zweite Rheinhessenmeisterschaft aus. Dieses Turnier, das bis 1930 noch mehrfach ausgetragen wurde, kann als inoffizielle Amateurmeisterschaft Westdeutschlands angesehen werden. Es gewann W. Orbach (Offenbach). Rang 7 erreichte Otto Bleutgen.

Am 14. Juni 1924 fand eine Blindsimultanveranstaltung des Mainzer Schachvereins mit Schachgroßmeister Richard Réti (1889 – 1929) statt. Insgesamt traten zwölf Mainzer Spieler gegen Réti an. Er gewann acht Partien und spielte viermal Remis u.a. gegen Bleutgen.

Im August 1924 nahm Bleutgen am 4. Kongreß des Mittelrheinischen Schachbundes (MRSB) in Bad Ems im Meisterturnier mit sechs Spielern teil und belegte hinter Orth (Darmstadt) und zusammen mit Hartmann (Koblenz) den geteilten 2./ 3. Platz. Im Jahr darauf landete er erneut auf dem Siegertreppchen, wobei nur fünf Spieler im Meisterturnier um den Sieg kämpften. Dieses Mal wurde er hinter Orbach (Frankfurt) und seinem Vereinskollegen Karl Hiegemann Dritter.

Anläßlich des 50 jährigen Bestehens des Darmstädter Schachclubs 1875 wurden zwischen dem 13. und 21. Juni 1925 verschiedene Turniere ausgetragen. Im Meisterschaftsturnier kam Otto Bleutgen mit vier Punkten aus acht Partien auf Platz 3.

Auf dem 6. Kongreß des MRSB wurde das Meisterschaftsturnier erstmals in zwei Gruppen ausgetragen. Die beiden Erstplazierten in jeder Gruppe spielten dann um den Gesamtsieg. Bleutgen schied hier in der Vorentscheidung zum Meisterturnier aus.

Dagegen wurde 1927 zu einem seiner erfolgreichsten Jahre. Am 16. Januar 1927 gab Otto Bleutgen auf Einladung des Schachvereins von Ginsheim eine Simultanvorstellung an 14 Brettern. Er gewann 11 Partien, verlor zwei und machte ein Remis. Zudem wurde eine Beratungspartie gegen eine Schülerriege des Lehrers Balz gespielt, die ebenfalls Remis endete. Auf dem 7. Kongreß des MRSB vom 4. – 09. Juni 1927 wurde er hinter Prof. Dr. Mannheimer (Frankfurt) und Orth (Darmstadt) mit 4,5 Punkten aus 7 Partien erneut Dritter im Meisterturnier. Aufgrund seiner guten Platzierung wurde Bleutgen als Vertreter des MRSB zum 25. Kongreß des Deutschen Schachbundes 1927 in Magdeburg entsandt. Er startete dort im Hauptturnier.

In der Zeit vom 3. - 7. August 1927 veranstaltete die Wiesbadener Kurverwaltung zusammen mit der Stadtverwaltung Wiesbaden und mit finanzieller Unterstützung von Wiesbadener Geschäftsleuten ein erstes großes Schachturnier um den Silberpokal der Städtischen Kurverwaltung. Zu diesem Turnier meldeten sich fast 150 Teilnehmer an. Das Turnier endete mit einem Sieg von Otto Bleutgen, der vor dem englischen internationalen Meister Buerger und Goldstein sowie vor Prof. Dr. Mannheimer lag.

In der Zeit von 1924 bis 1927 war Bleutgen nicht nur als Schachspieler, sondern auch als Schachredakteur aktiv. Nachdem jahrelang Dr. Gregor Brendel für die Redaktion der „Mainzer Schachzeitung“, einer Schachspalte im „Mainzer Anzeiger“ verantwortlich zeichnete, waren es Otto Bleutgen und Franz Fürstweger, die ab Anfang 1924 jeweils Samstags Neues zum Thema Schach den Lesern präsentierten. Anders als unter der Redaktion von Dr. Brendel wurden die Partien jedoch jetzt ausführlich besprochen. Zudem legten die beiden Redakteure des Mainzer Schachvereins großen Wert auf die Präsentation unterschiedlicher Eröffnungen bzw. Eröffnungsvarianten. Nachdem der 1. Vorsitzende des Mainzer Schachvereins, Franz Fürstweger, Anfang 1925 nach München verzog, übernahm Bleutgen die Redaktion alleine. Bis Mitte 1927 hatte er das Redakteursamt inne. Danach wurde der Stab wieder an Dr. Brendel übergeben.

In den Jahren 1928 und 1929 konnte Bleutgen, nach bisheriger Kenntnis, keine großen Platzierungen auf Turnieren erreichen. Der Verfasser vermutet, dass Bleutgen in dieser Zeit seine Ausbildung stärker in den Blick nahm und beim Schachspielen etwas kürzer trat.

Dennoch spielte er hin und wieder Schach. Anfang Januar 1929 veranstaltete der Wiesbadener Schachklub ein Beratungs-Simultanturnier an 26 Brettern. Schachmeister Georg Kieninger (1902 – 1975) aus München spielte gegen lokale Schachspieler, die von Otto Bleutgen beraten wurden. Kieninger konnte 13 Partien gewinnen, erzielte 7 Remis und verlor sechs Partien.

Am 6. Mai 1929 forderte der Mainzer Schachverein den Gewinner der Bezirkswettkämpfe und Bezirksmeister, den Schachclub Darmstadt, zu einem Wettkampf heraus. Für die Mainzer Mannschaft wurden nominiert Dr. Brendel, Otto Bleutgen, Balz, Davidmann, Wilhelm Danz, Karl Hiegemann, Anton Kasperlik, Hans Raum, Willi Seib, Speier, Hans Stumm und Dr. Siegfried Wolff. Die Auseinandersetzung endete 6:2 für Mainz, wobei 5 Partien gewonnen wurden. An zwei Brettern gab es ein Remis. Erfolgreich waren die Herren Dr. Brendel, Bleutgen, Davidmann, Hiegemann, Kasperlik, Dr. Wolff und Balz.

1930 wurde dann zum erfolgreichsten Jahr von Otto Bleutgen. Anläßlich des 50jährigen Jubiläums der Offenbacher Schachgesellschaft richtete diese 1930 verschiedene Einzelturniere aus. Im Meisterturnier um die Hessenmeisterschaft vom 18. bis 21. April nahmen acht Spieler teil. Otto Bleutgen aus Mainz siegte mit 5,5 Punkten aus 7 Partien vor Dr. Niemann (Offenbach) und Orth (Darmstadt). Damit war Bleutgen Hessenmeister 1930 geworden.

Beim 10. Kongreß des MRSB, der als Jubiläumsveranstaltung vom 6. – 10. Juni 1930 in Bad Ems ausgerichtet wurde, erreichte Bleutgen mit 5 Punkten einen 2. Platz hinter O. Walter aus Koblenz.

Nach der Gründung des 1. Mainzer Schachclubs 1930 wechselte Bleutgen Ende 1932 oder Anfang 1933 vom Mainzer Schachverein zum 1. Mainzer Schachclub 1930.

1933 belegte er auf dem 13. Kongreß des MRSB, der vom 14.-17.04. andauerte, den 5. Platz im Meisterturnier. Im Jahr darauf konnte er auf dem 14. Kongreß des MRSB (29.3. – 2.4.) nochmals einen hervorragenden 6. Platz im Meisterturnier belegen. 1935 oder 1936 verläßt Bleutgen Mainz und spielte fortan für den Wiesbadener Schachverein 1885 bzw. die NS-Schachgemeinschaft Wesbaden.

Beim 16. Kongreß des MRSB 1937 belegte Bleutgen erneut den 1. Platz und wurde Mittelrheinmeister.

Im August 1936 spielten acht Spieler der NS-Schachgemeinschaft Wiesbaden simultan gegen den Deutschen Meister Ludwig Engels (1905 – 1967). Unter diesen acht war auch Otto Bleutgen. Dieser lieferte gegen Engels „eine sehr schöne Partie, wohl die schönste des Turniers“, der „den deutschen Meister mit einer weitreichenden Springeropferkombination glatt überspielte“ (Wiesbadener Tagblatt, August 1938).

Neben Otto Bleutgen gehörten so bekannte Schachspieler wie Werner Linmann, Menz, Karl Hiegemann sowie Ludwig Steinkohl der 1. Mannschaft der NS-Schachgemeinschaft Wiesbaden an. Mit dieser starken Besetzung konnte sich die Mannschaft für die Deutsche Schachvereinsmeisterschaft 1938 qualifizieren, die in Frankfurt stattfand.

Vom 15. – 24. April 1938 veranstaltete der Großdeutsche Schachbund ein Zonenturnier in Heilbronn, bei dem Otto Bleutgen teilnahm und mit vier Punkten einen mittleren Platz errang. Aufgrund seiner Leistung spielte Bleutgen 1938 und 1939 in Mannschaftskämpfen am 2. Brett des Wiesbadener Vereins hinter Ludwig Steinkohl.

Um 1940 wurde Bleutgen zur Wehrmacht eingezogen, wo er bis zum Ende des 2. Weltkrieges als Soldat Dienst verichtete. Nach Ende des Krieges zog er wieder nach Wiesbaden und wurde schließlich in der Stadtverwaltung von Wiesbaden beschäftigt. Er tratt dem Wiesbadener Schachverein 1885 bei und spielte dort regelmäßig in Mannschaftskämpfen an einem der ersten Bretter. Am 24. – 27. Mai 1947 nahm Bleutgen an einem Vorturnier zur deutschen Einzelmeisterschaft, das in Wiesbaden ausgetragen wurde, teil und belegte mit 5 Punkten hinter Lodroner (5,5 Punkte) den 2. Platz.

In beiden Mannschaftskämpfen, die 1947 zwischen den Wiesbadenern und der Mannschaft der Schachfreunde Frankfurt 1921 ausgetragen wurden, spielte Bleutgen mit. Während er im Januar 1947 seinen Gegner noch besiegen konnte, verlor er in dem Wettkampf am 30.03. seine Partie am 1. Brett gegen Schlensker

In den 30er Jahren und nach dem 2. Weltkrieg wurde Bleutgen mehrmals Wiesbadener Stadtmeister (vgl. Wiesbadener Tagblatt 12.04.1947), leider sind die genauen Jahre derzeit dem Verfasser (noch) nicht bekannt.

Bis in die späten 50er Jahre hat Otto Bleutgen zumeist am 1. Brett der Mannschaft des Wiesbadener Schachvereins 1885 gespielt. Beispielsweise unterlag die Wiesbadener Mannschaft im Herbst 1957 im entscheidenden Kampf gegen die 1. Mannschaft des Mainzer Schachvereins 09 e.V.. Otto Bleutgen verlor in diesem Wettkampf am 1. Brett gegen den besten Spieler der Mainzer Mannschaft, Willi Schifferdecker (1919 – 1994).

In den 60er Jahren muß sich Bleutgen vom aktiven Schachsport mehr und mehr zurückgezogen haben, denn sein Name taucht in den Berichten der örtlichen Presse und der Schachzeitungen nicht mehr auf. Otto Bleutgen verstarb am 30. April 1981 in Wiesbaden.

Stand: 25.12.2007
Dr. Manfred Efinger, Kurt-Schumacher-Str. 87, 55124 Mainz, Tel. 06131/465873.
Der Verfasser nimmt Hinweise zu Otto Bleutgen gerne entgegen!
Quelle: Dr.Manfred Efinger, Mainz


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